Bifokale und multifokale Kontaktlinsen – auch Mehrstärkenlinsen genannt – sind Linsen, die unterschiedliche Sehbereiche für das Nah- und Fernsehen eingearbeitet haben. Damit können sie eine Alterssichtigkeit ausgleichen und eine Gleitsichtbrille ersetzen. Wie die Sehbereiche angeordnet sind, hängt von der entsprechenden Funktionsweise ab und kann sehr stark variieren. Daher ist eine Anpassung durch einen Kontaktlinsenspezialisten unerlässlich.
Was sind multifokale Linsen?
Multifokale Kontaktlinsen sind Mehrstärkenlinsen mit verschiedenen Dioptrie-Bereichen in jeweils einer Linse. Meistens handelt es sich dabei um sogenannte simultane Mehrstärkenlinsen. Bei diesen Simultanlinsen liegen die verschiedenen Dioptrie-Bereiche alle vor der Pupille, sodass der Kontaktlinsenträger gleichzeitig durch die Nah- und Fernbereiche schaut. Dadurch entstehen immer ein scharfes und ein unscharfes Bild. Da das Gehirn ohnehin darauf ausgerichtet ist, sich auf scharfe Bilder zu konzentrieren, blendet es das unscharfe Bild automatisch aus. Der Kontaktlinsenträger merkt das gar nicht und nimmt nur das scharfe Bild wahr. Auf diese Weise ist ein scharfes Sehen in unterschiedlichen Entfernungen unabhängig von der Blickrichtung möglich.
Welche Arten von bi- und multifokalen Kontaktlinsen gibt es?
Mehrstärkenlinsen gibt es als weiche Kontaktlinsen und als formstabile Kontaktlinsen mit unterschiedlichen Funktionsweisen. Außerdem haben Interessierte die Wahl, ob sie ihre Alterssichtigkeit lieber mit Tageslinsen, Monatslinsen oder Jahreslinsen ausgleichen möchten. Manche Hersteller bieten zudem multifokale Zwei-Wochenlinsen an.
Darüber hinaus sind torische Mehrstärkenlinsen erhältlich, die zusätzlich zu einer Alterssichtigkeit und einer Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit auch noch eine Hornhautverkrümmung korrigieren.
Unterschied zwischen bifokalen und multifokalen Kontaktlinsen
Bifokale Kontaktlinsen besitzen genau zwei unterschiedlich starke Korrektionzonen. Wenn Kontaktlinsen multifokal sind, haben sie hingegen mehr als nur zwei Dioptrie-Bereiche eingearbeitet. Häufig ist der Übergang bei multifokalen Linsen sogar stufenlos, sodass mit ihnen eine scharfe Sicht in allen Entfernungen möglich ist. Bei bifokalen Linsen erfolgt der Übergang stattdessen immer abrupt wie bei einer Bifokalbrille. Das scharfe Sehen von Dingen in mittlerer Entfernung ist mit Bifokallinsen je nach Sehschwäche schwerer oder gar nicht möglich.
Bifokale Kontaktlinsen für zwei Sehbereiche
Bifokale Kontaktlinsen bestehen aus einem Sehbereich für die Ferne und einem Sehbereich für die Nähe. Die beiden Sehbereiche liegen ohne weitere Zwischenstufe direkt untereinander. Bei vielen bifokalen Kontaktlinsen ist die Funktionsweise vergleichbar mit den alternierenden multifokalen Linsen. Wenn der Kontaktlinsenträger geradeaus blickt, sieht er durch den Fernbereich. Beim Blick nach unten schaut er hingegen durch den Nahbereich. Dazu müssen die alternierenden bifokalen Linsen ebenfalls gut auf dem Tränenfilm gleiten, weshalb sie in der Regel aus formstabilem Material sind. Es gibt aber auch weiche bifokale Kontaktlinsen als simultane Mehrstärkenlinsen.
Echte Gleitsicht Kontaktlinsen
Multifokale Kontaktlinsen sind außerdem als sogenannte alternierende Linsen (auch Gleitsicht Kontaktlinsen genannt) erhältlich. Diese funktionieren wie eine Gleitsichtbrille. Die unterschiedlichen Dioptrie-Bereiche sind so angeordnet, dass der Kontaktlinsenträger immer nur durch einen Bereich guckt. Blickt er beispielsweise geradeaus, liegt der Fernbereich vor der Pupille und der Kontaktlinsenträger sieht in der Ferne scharf. Senkt er den Blick nach unten, verschiebt sich das Auge unter der Linse, die vom unteren Augenlid in Position gehalten wird. Nun befindet sich der Nahbereich vor der Pupille. Fern- und Nahbereich gehen dabei stufenlos ineinander über, sodass der Kontaktlinsenträger in jeder Distanz scharf sehen kann. Damit das funktioniert, muss die Kontaktlinse auf dem Tränenfilm gleiten. Dazu eigenen sich formstabile Kontaktlinsen besonders gut.
Mehrstärkenlinse – Anwendung
Mehrstärkenkontaktlinsen müssen richtig im Auge sitzen, damit sich die unterschiedlichen Dioptrie-Bereiche in der passenden Position befinden. Je nachdem wie die Korrektionzonen angeordnet sind, sind spezielle Mechanismen eingearbeitet, die die Linsen entsprechend ausrichten. Das funktioniert jedoch nur, wenn ein Kontaktlinsenspezialist die Linsen passend zu den individuellen Eigenschaften eines jeden Auges ausgewählt hat. Dann unterscheiden sich die Mehrstärkenlinsen in der Anwendung kaum von anderen Kontaktlinsen. Allerdings dauert die Eingewöhnungsphase bei Mehrstärkenlinsen etwas länger, da sich die Augen und das Gehirn erst an das Sehen durch die unterschiedlichen Korrektionzonen gewöhnen müssen.
Mehrstärkenlinsen – Kosten
Bei Mehrstärkenlinsen sind die Kosten in der Regel höher als bei herkömmlichen Einstärkenlinsen. Schließlich sind Design und Funktionsweise von Mehrstärkenkontaktlinsen deutlich komplizierter. Die Kosten können sich aber sehr stark unterscheiden und hängen vom Material sowie dem Austauschrhythmus ab. So können individuell angefertigte Jahreslinsen teurer sein als Monatslinsen aus dem Standardsortiment. Wenn multifokale Kontaktlinsen auch torisch geformt sind, um zusätzlich eine Hornhautverkrümmung auszugleichen, spiegelt sich das ebenfalls in einem höheren Preis wider.
Kostenübernahme durch Krankenkasse
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für Mehrstärkenkontaktlinsen nicht. Nur bei sehr starken Sehfehlern und unter weiteren Voraussetzungen beteiligen sich die Krankenkassen an den Kosten von Kontaktlinsen. Private Krankenkassen oder Zusatzversicherungen können einen Anteil der Kosten aber je nach Tarif erstatten.
Mehrstärkenlinsen – Vorteile und Nachteile
Multifokale Kontaktlinsen ermöglichen eine scharfe Sicht in der Nähe und in der Ferne. Oftmals sogar stufenlos in allen Distanzen. Mit Mehrstärkenlinsen reicht es zudem aus, wie ein Normalsichtiger einfach die Augen zu bewegen. Es ist unnötig, den ganzen Kopf wie ein Brillenträger zu drehen. Außerdem schränken Kontaktlinsen nicht wie eine Brillenfassung das Blickfeld ein.
Jedoch sind Mehrstärkenlinsen schwieriger anzupassen und nicht für jeden geeignet. Der höhere Preis ist ebenso für viele ein Nachteil. Allerdings ist dabei zu beachten, dass die Alterssichtigkeit bis etwa zum 65. Lebensjahr stetig zunimmt. Multifokale Monatslinsen können beispielsweise beim monatlichen Linsenwechsel kurzfristig an die Sehstärke angepasst werden. Eine Gleitsichtbrille daran anzugleichen, ist hingegen teurer und aufwendiger.
Vorteile von Mehrstärkenlinsen
- Scharfe Sicht in der Nähe und Ferne
- Stufenlose Übergänge in allen Distanzen
- Keine Einschränkung des Blickfelds (im Vergleich zur Gleitsichtbrille)
- Flexiblere Anpassungsmöglichkeiten als bei einer Gleitsichtbrille (z. B. bei Monatslinsen)
Nachteile von Mehrstärkenlinsen
- Kontaktlinsenanpassung ist sehr aufwendig
- Höhere Kosten als bei Einstärkenkontaktlinsen
Für welche Sehschwäche sind bifokale und multifokale Kontaktlinsen geeignet?
Mehrstärkenlinsen korrigieren eine Alterssichtigkeit und gleichzeitig eine Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit. Zusätzlich können multifokale und bifokale Kontaktlinsen eine Hornhautverkrümmung ausgleichen, wenn sie entsprechend torisch geformt sind. Außerdem ist es möglich, implantierbare Mehrstärkenlinsen bei einem grauen Star einzusetzen. Denn dann ist die körpereigene Augenlinse trübe und muss ohnehin ausgetauscht werden. Die implantierbaren Mehrstärkenlinsen sorgen wieder für eine ungetrübte Sicht und machen im Idealfall weitere Sehhilfen unnötig.
Warum ist die Anpassung von bi- und multifokalen Linsen so wichtig?
Mehrstärkenkontaktlinsen müssen sowohl zu der Beschaffenheit eines jeden Auges als auch zum Lebensstil des Kontaktlinsenträgers passen. Bei jedem Blick muss der richtige Bereich der Linse vor der Pupille liegen. Nur so ist ein unproblematisches und scharfes Sehen in den gewünschten Distanzen möglich. Welche Mehrstärkenlinsen am besten passen, ist individuell äußerst unterschiedlich und hängt entscheidend von der Anordnung der Korrektionzonen ab. Außerdem muss der Kontaktlinsenspezialist berücksichtigen, dass die Pupille abhängig von den Lichtverhältnissen ihre Größe verändert. Daher erfordert das Anpassen von multifokalen Kontaktlinsen einige Erfahrung und etwas Geschick des Optikers oder Augenarztes.
Sind bi- und multifokale Linsen auch für Kinder geeignet?
Kinder besitzen noch eine sehr elastische Linse und benötigen keine Korrektion einer Alterssichtigkeit. Dennoch können bifokale und multifokale Kontaktlinsen sinnvoll für Kinder sein. Denn wissenschaftlichen Studien zufolge können bestimmte Mehrstärkenlinsen das Voranschreiten einer Kurzsichtigkeit verlangsamen. Voraussetzung dafür ist, dass das Kind verantwortungsbewusst mit den Kontaktlinsen umgehen kann und dass ein Experte die Linsen entsprechend anpasst.
Mehrstärkenlinsen online kaufen?
Die Auswahl an Mehrstärkenlinsen ist so groß, dass ausschließlich ein Kontaktlinsenspezialist den Überblick behalten und die richtige Auswahl treffen kann. Dazu stellt er zunächst Fragen über den Lebensstil des Interessenten und erhält so Aufschluss darüber, welche Sehbereiche für denjenigen besonders wichtig sind. Zudem vermisst der Optiker die Augen ganz genau. Außerdem ist bei der Anpassung von Mehrstärkenlinsen nicht nur die Art der Linsen entscheidend, sondern auch welches System sie zur Korrektion der Alterssichtigkeit verwenden. Denn für manche eigenen sich Simultanlinsen sehr gut, während andere mit alternierenden Linsen am besten zurechtkommen.
Ein Probetragen der ausgewählten Kontaktlinsen und Nachkontrollen sind somit unerlässlich, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erreichen. All das ist durch das Internet nur sehr schwer zu ersetzen.
Weitere Fragen zu Mehrstärkenlinsen? Dann Frag‘ die SehFee oder diskutiere im Kontaktlinsenforum.